Projektleiter: Prof. Dr. Elisabeth Décultot
Projektbearbeiter: Prof. Dr. Helmut Zedelmaier, Mike Rottmann, Aleksandra Ambrozy
Laufzeit des Projekts: 01.11.2015 – 31.01.2020
Das Projekt untersucht Transformationen des Lesens und Schreibens im Blick auf Praktiken des Exzerpierens, Zitierens und Plagiierens im Zeitraum von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart in gesamteuropäischer Perspektivierung. Dabei gilt dem 18. Jahrhundert als Übergangsepoche und Bindeglied zwischen humanistischer Tradition und Moderne besondere Aufmerksamkeit.
Dieses Projekt liefert den theoretischen und methodischen Rahmen für das von Prof. Dr. Elisabeth Décultot konzipierte Projekt "Exzerpte. Zur digitalen Erschließung und Edition einer besonderen Text-Bild-Konstellation — am Beispiel Johann Joachim Winckelmanns", das seit April 2021 vom BMBF gefördert wird.
Lesen, Exzerpieren und damit verknüpfte Praktiken wie das Zitieren und Plagiieren sind grundlegende Tätigkeiten schriftlicher Wissensproduktion und -zirkulation. Sie werden kultur-, epochen- und fachübergreifend geübt. Ihre unterschiedlichen Formen und Praktiken standen lange Zeit im Schatten historischer und philologischer Aufmerksamkeit. Vielfach wurden sie als selbstverständliche, weitgehend invariable Tätigkeiten aufgefasst. Mit der Digitalisierung, die das Sammeln, Speichern und Zirkulieren von Informationen mit neuen technischen Möglichkeiten verbindet, wächst in jüngster Zeit auch das Interesse, Wissens- und Literaturproduktionen hinsichtlich ihrer veränderlichen Praktiken und Techniken zu untersuchen.
Ausgangspunkt der im Projekt unternommenen Untersuchungen ist die Praxis des Exzerpierens. Obwohl die Geschichte des Lesens ein bedeutender Teilbereich der geisteswissenschaftlichen Forschung ist, gibt es nur wenige Untersuchungen über die Kunst des ,Exzerptes‘ (Lateinisch: excerptum, Französisch: extrait, Englisch: excerpt oder extract, Italienisch: estratto) und die damit verbundene Praxis, Sammlungen von Leseaufzeichnungen anzufertigen. Seit der Renaissance wurden die europäischen Gelehrten angehalten, Exzerpthefte – Sammlungen von Leseaufzeichnungen – anzulegen. Die allzeit verfügbaren Exzerpthefte, die bei jeder Lektüre mit neuen Informationen angereichert wurden und gelegentlich den Umfang von handgeschriebenen Bibliotheken annehmen konnten, dienten einerseits als Speicher für ausgewählte Auszüge, Zitate, Tropen oder Ideen. Andererseits wurden sie als Steinbrüche ausgewertet, denen sich Materialien für die Herstellung eigener Texte entnehmen ließen.
Für die Geschichte des Lesens und Schreibens – und damit auch des Zitierens oder Plagiierens – erweisen sich solche Exzerpthefte als Quellen von außerordentlichem Wert. Über wenigstens zwei zentrale Aspekte der Produktion von Texten geben sie wichtige Aufschlüsse. Dokumentiert wird einerseits die Lesetätigkeit des Exzerpierenden: Exzerpthefte belegen die Vertrautheit mit diesem oder jenem Autor, die Vorliebe für dieses oder jenes Fach. Doch beschränkt sich ihre Aussagekraft nicht auf die Funktion als Register der gelesenen Werke und Quellenverzeichnisse. Exzerpthefte bilden auch die Keimzelle der eigenen Schreibarbeit; sie erlauben einen Einblick in die Werkstatt des Schreibenden. Ihnen lässt sich entnehmen, wie das in einem fremden Werk Gelesene im eigenen Werk verarbeitet und verwandelt wurde.
Das Projekt untersucht Transformationen des Lesens und Schreibens im Blick auf Praktiken des Exzerpierens, Zitierens und Plagiierens im Zeitraum von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart in gesamteuropäischer Perspektivierung. Dabei gilt dem 18. Jahrhundert als Übergangsepoche und Bindeglied zwischen humanistischer Tradition und Moderne besondere Aufmerksamkeit.
Dieses Projekt liefert den theoretischen und methodischen Rahmen für das von Prof. Dr. Elisabeth Décultot konzipierte Projekt „Exzerpte. Zur digitalen Erschließung und Edition einer besonderen Text-Bild-Konstellation — am Beispiel Johann Joachim Winckelmanns“, das seit April 2021 vom BMBF gefördert wird.
Das IZEA gehört zur Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und befasst sich als Forschungseinrichtung zur Kultur- und Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts mit der Aufarbeitung einer Epoche, in der die Fundamente der modernen westlichen Gesellschaften gelegt wurden.
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Interdisziplinäres Zentrum für die
Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA)
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