Dragana Grbić M.A.
Institut für die Literatur und Kunst
Philologische Fakultät der Universität in Belgrad (Serbien)
Thyssen-Stipendiatin
Laufzeit des Stipendiums: 15.09.2009–15.12.2009
Der serbischen Autobiographik der Aufklärungszeit kommt im Zusammenhang mit der Frage, wie sich der westeuropäisch-serbische Kulturtransfer im 18. Jahrhundert gestaltete, eine besondere Bedeutung zu: Die Betrachtung der semantischen und strukturellen Funktionalität der Reise als Paradigma in diesen Werken ermöglicht einen Einblick in die sich wandelnden sozialen, politischen und religiösen Verhältnisse auf dem Balkan als eines umfassenden Europäisierungsprozesses der serbischen Gesellschaft seit dem Ende des 17. Jahrhunderts.
Grundlage meiner Arbeit bildet die vergleichende Analyse dreier klassischer Autobiographien: Rousseaus 'Confessions' (1780/1787), Dositej Obradovićs 'Leben und Abenteuer' (1783/1788) und Goethes 'Dichtung und Wahrheit' (1811-1833).
Im Zentrum meiner Untersuchung steht die Frage, wie sich das Reisen auf die literarische und schließlich auf die gesellschaftliche Praxis Obradovićs auswirkte. Dieser besuchte vor allem die wichtigsten Zentren der westeuropäischen Aufklärung, Paris, London, Wien, Halle und Leipzig.
Meine Arbeit möchte insofern eine neue Perspektive auf das Werk Obradovićs eröffnen, als ich es erstmals im Kontext sowohl der Reiseliteratur- als auch der Kulturtransferforschung betrachte; ein weiteres Novum ist der Fokus auf die Eberhard-Rezeption Obradovićs sowie die eingehende Analyse der Autobiographie im Vergleich mit den anderen 'großen' europäischen Lebensbeschreibungen der Epoche.
Die theoretische Untersuchung soll außerdem zeigen, wo die poetischen Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen der serbischen und der westeuropäischen Literatur liegen. Im 18. Jahrhundert stand die serbische Literatur, die sich bislang vor allem am osteuropäisch-byzantinischen Modell orientiert hatte, buchstäblich zwischen Ost und West. In diesem Sinne erforscht mein Projekt auch die Prozesse der Integration serbischer Literatur in den westeuropäischen Kulturzusammenhang.
Das IZEA gehört zur Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und befasst sich als Forschungseinrichtung zur Kultur- und Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts mit der Aufarbeitung einer Epoche, in der die Fundamente der modernen westlichen Gesellschaften gelegt wurden.
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