Dr. Björn Spiekermann
Universität Heidelberg (Deutschland)
Stipendium für Aufklärungsforschung
Laufzeit des Stipendiums: 15.08.2014–15.10.2014
Im geplanten Arbeitsvorhaben soll die implizite Sakralisierung moralischer Verhaltensweisen in periodischen Sittenschriften der deutschen Hochaufklärung untersucht werden. Dort, so die vorläufige Annahme, vollzieht sie sich nicht so sehr auf der inhaltlichen Ebene, sondern auf der Ebene der Normbegründung, durch die negative Koppelung von Unmoral und Unglauben in Form von Betrachtungen, Anekdoten und ‚moralischen Charakteren‘. Dieser Vorgang wurde oft als Profanisierung der Religion zur bloßen Alltagsethik interpretiert, erlaubt aber auch den Umkehrschluss einer Sakralisierung der Moral zur ‚praxis pietatis‘. Auf diese Weise lässt sich die weitreichende Internalisierung moralischer Normen, wie sie das Bürgertum des 19. und frühen 20. Jahrhunderts prägt, besser verstehen als durch die Annahme einer in ‚Sekundärtugenden‘ ausgemünzten Zweckrationalität. Zugleich soll damit exemplarisch die religiöse Prägung der deutschen Aufklärung unterstrichen werden, vor allem dort, wo es um ihre didaktische Breitenwirkung ging: Innerhalb der schmalen Gelehrtenschicht wurden säkulare Modelle der Normbegründung durchaus befürwortet, die dafür erforderliche Voraussetzung einer durch Affektkontrolle und methodische Schulung geläuterten Rationalität wurde jedoch nicht als breitentauglich angesehen. Hier entsteht ein Konflikt zwischen der Aufklärung als akademischer Elitekultur und ihrer massenmedialen Aufbereitung, der sich an den moralischen Zeitschriften besonders gut ablesen lässt.
Das IZEA gehört zur Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und befasst sich als Forschungseinrichtung zur Kultur- und Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts mit der Aufarbeitung einer Epoche, in der die Fundamente der modernen westlichen Gesellschaften gelegt wurden.
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