Projektleitung: Dr. Frank Grunert
Projektlaufzeit: laufend
Die Historia literaria – die Geschichte der Gelehrsamkeit – war im ausgehenden 17. und über das gesamte 18. Jahrhundert hinweg ein prominentes und ausgesprochen erfolgreiches Medium zur Ordnung, Erschließung, Speicherung und Tradierung von Wissen. Davon zeugen sowohl die zahlreich erschienenen gelehrsamkeitsgeschichtlichen Kompendien als auch die Etablierung der Historia literaria als akademisches Lehrfach. Aufgabe der Historia literaria war – nach beinahe einhelliger Überzeugung der gelehrten Welt – die umfassende Verzeichnung des von den Menschen erworbenen gelehrten Wissens, und zwar von Anbeginn bis in die jeweilige Gegenwart. In diesem Sinne beschreibt Christoph August Heumann die Historia literaria in nahezu klassischer und lange verbindlicher Formulierung als „Narratio de ortu et progressu studiorum literariorum ad nostram usque aetatem“.
Im Zuge einer auf Dauer gestellten Selbstreflexion, die ihre Impulse aus den methodischen und programmatischen Ansprüchen und Intentionen der jeweiligen Zeit bezogen, entstanden eine Vielzahl von in formaler wie in inhaltlicher Hinsicht unterschiedlichen Gelehrsamkeitsgeschichten. Sie verstanden sich als Propädeutika für die studierende Jugend, als Nachschlagewerke für Gelehrte oder als Mittel der erbaulichen Lektüre für ein allgemein interessiertes, aber nicht unbedingt akademisches Publikum. So gut wie jeder Autor eines Handbuchs rechtfertigte sein eigenes Unternehmen mit der Unzulänglichkeit aller Vorangehenden. Auf diese Weise entwickelte sich die Historia literaria zu einem ausgesprochen vielgestaltigen wissenschaftsgeschichtlichen Genre, das nun die Möglichkeit bietet, das sich ändernde epistemologische Selbstverständnis einer Epoche zu detailgenau rekonstruieren.
Das Projekt soll in einer entwicklungsgeschichtlichen Perspektive inhaltliche und formale Besonderheiten der Historia literaria ebenso untersuchen wie methodische Voraussetzungen und wissenschaftspolitische Zielsetzungen. Ein besonderes Augenmerk gilt dem sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anbahnenden Ende der Historia literaria, womit sich die Frage nach dem diskursiven Verbleib ihrer ursprünglichen Ambitionen verbindet.
Das Vorhaben setzt die bereits begonnenen Forschungen mit weiteren Einzelstudien fort und soll sie schließlich durch eine Monographie zum Abschluss bringen.
Das IZEA gehört zur Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und befasst sich als Forschungseinrichtung zur Kultur- und Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts mit der Aufarbeitung einer Epoche, in der die Fundamente der modernen westlichen Gesellschaften gelegt wurden.
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